Ein Hafen voller Boote, aber ohne Steg

Ein Hafen voller Boote, aber ohne Steg

Vor mehr als einem Jahr wurde im Salzburger Gemeinderat mit einer knappen Stimmenmehrheit von SPÖ, Bürgerliste, KPÖ, NEOS und Liste Salz beschlossen, dass die Stadt sich zum „sicheren Hafen für geflüchtete Menschen“ erklärt. Bisher hat die Stadtregierung nichts unternommen, um diesem Anspruch und damit auch dem einer Menschenrechtsstadt gerecht zu werden. In einem Land voller Zuständigen für jede Zuständigkeit und Unzuständigkeit, fühlt sich ein Bürgermeister nicht zuständig, weil er selbst und seine Partei, gemeinsam mit der FPÖ dagegen gestimmt hatten. Das Ergebnis: mehr als zwei Jahre vergehen und die Lage von Menschen auf der Flucht wird in Europa und Österreich durch akute Zuständigkeitslosigkeit auf kommunaler bis europäischer Ebene immer prekärer.

Das Beispiel zeigt aus demokratiepolitischer Sicht, wie die absolute Einfallslosigkeit und resultierende Rechtfertigungs- statt handlungsorientierter Haltung von Regierungsmitgliedern auf verschiedenen politischen Ebenen strukturelle Mängel aufzeigt. So entschied beispielsweise im Fall der eingebrachten Amtsberichte zum Thema „sicherer Hafen für geflüchtete Menschen“ der Bürgermeister mehrere Male, diese nicht auf die Tagesordnung zu setzen. Das bedeutet, dass sie in Folge nicht behandelt werden können. Ein Jahr später weist das Büro des Bürgermeisters die Verantwortung dann ins Sozialressort und rechtfertigt die eigene Zuständigkeitsentbindung mit dem Abstimmungsverhalten. Bedeutet das im Umkehrschluss, dass der sich Bürgermeister in einem demokratischen Rechtsstaat nur um die Angelegenheiten bemühen muss, die er selbst unterstützt? Jegliche Zuständigkeit als Geschäftsführer der Stadtregierung von sich zu weisen, insbesondere, wenn die eigene Partei im landes- und auf nationaler Ebene regiert, ist – milde gesagt – genauso schwach und frech, wie mittel- bis langfristig problematisch; besonders wenn es um zyklisch akute und chronisch humanitär untragbare Zustände in unmittelbarer Nachbarschaft geht.

Wir haben demokratiepolitisch und zunehmend sozial wie gesundheitlich, ein immer größer werdendes Problem, wenn die Notwendigkeit der proaktiven Umsetzung und deutlich steigenden Förderung wichtiger – häufig sozialer – Anliegen verkannt wird. Demokratie bedeutet bei einem Mehrheitsbeschluss auch jene Punkte mit den einem zur Verfügung stehenden Ressourcen umzusetzen, die nicht binnen einer Wahlperiode gesellschaftspolitisch und ökonomisch lukrativ auf die eigene Partei und Person zurück scheinen. Demokratie bedeutet gewissenhaft auch jene Beschlüsse umzusetzen, die von der geschäftsleitenden Person nicht gewollt werden – einfach, weil es das Amt, wenn schon nicht der eigene Blick für Verantwortlichkeit und Notwendigkeit, die Umsetzung verlangt und erfordert. Wenn das nicht so ist, wieso braucht dann es Ressourcen für lange Sitzungen zahlreicher Repräsentanten, die zwar Sichtweisen und Menschen repräsentieren, doch diese sichtbare Repräsentanz am Ende nur die eigentliche Repression deutlich macht?

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